Montag, 15. August 2011

Mo. 18.07.2011 Olchon

Die Nacht war wieder gruselig. Der Morgen bedeckt. Grießbrei zum Frühstück. Erste zwischenmenschliche Gewitter.

Zur Einstimmung auf den Tag wandern wir die Küste entlang und sehen Robben, die sich auf einem Felsen aalen und ihre Revierkämpfe ausführen. Pro Stein ein Bestimmer. Aber sie sind der Hammer, wie sie da so sitzen. Ich muss wie könnte es anders sein ob dieses friedlichen Bildes weinen, vielleicht ist es aber auch der Zoff in der Gruppe, der Gott sei Dank vor unserem Zelt Halt macht. Und wir beobachten die Robben und die Robben uns, stundenlang könnte ich hier bleiben.

Dima hat die Zeit genutzt und seine Deutschkenntnisse verbessert, zu dem restlichen schweren Gepäck hat er auch noch einen Riesendictionary (reichlich zerfleddert) und liest Remarque. Er schreibt jedes Wort, und das sind viele, raus und überträgt in ein Oktavheft… diese Energie möchte ich mal haben.

Der Tag entwickelt sich bedeckt. Aussichtspunkt im Dunst. Spaziergang durch Birkenwald, wir werden fast Opfer einer Mountainbike-Rallye.

Dann kommt wieder eine ewige Schotterpiste, der Hintern tut weh, die Ohren dröhnen. Überall wo es geht bilden sich Parallelstraßen.

Wir landen in Chuschir, genauer im Phantasialand vom Baikalsee http://www.olkhon.info/de/gallery/. Das Phantaland gehört Nikita, einem ehemaligen Bauern, der hier eine Urlaubs-Hippiekommune gegründet hat. Und scheinbar schreibt der Lonely Planet darüber, aus aller Welt sind sie hier. Phantasialand weil alles so bunt ist und unwirklich… die Wildnis hat erste Spuren hinterlassen. Wir bewohnen mit Wolfgang ein Drei-Bett-Zimmer mit eigener Toilette! Die anderen haben weder eigene Toilette noch können sie Ihre Fenster öffnen. Glück gehabt. Alles in allem unfassbar.

Unfassbar auch der ganze Ort. Sandpisten als Straßen, schief die Häuser, viele scheinen am Nachmittag schon dem Alkohol zugesprochen zu haben.

Das Essen war nicht gut, deshalb gehen wir noch mal einkaufen. Bier, Muffins, Bitter Lemon (natürliche Schweppes) und Wurst. Unser Verzehr vor dem Laden wird gestört von sportlich parkenden Russen, die natürlich betrunken sind. Über die Staubwolke lachen sie nur. Ältere Russen, auch betrunken, entschuldigen sich dafür….

Wir gehen noch in eine Kneipe. Doch auch hier nur unfreundliche Menschen. Warum ist das so? Aber vom oberen Stockwerk (mehr eine Terrasse mit Dach und Kartoffelsäcke als Gardinen) haben wir einen super Blick auf Chuschir Highstreet und dürfen uns das ständige Fiepen der schließenden und öffnenden Autos anhören. Für Wildnisohren viel zu grell.

Wieder zuhause (hab ich grade zuhause gesagt?) geht das große Packen und Waschen los. Morgen startet der Treck, nichts mehr unnötiges soll auf unserem Rücken sein. Eine lange Hose und der Rock kommt mit, 2 T-Shirts, 3 Unterhosen, fast alles andere fliegt raus. Duschzeug und Shampoo wieder in einer Woche ;-)

Abends gibt’s Buchweizen mit Fleisch (ich hab Glück und fettfreies Fleisch) und Omul mit Salat. Omul soll ein Lachsartiger Fisch sein (kommt nur im Baikal vor), der aber wie Makrele schmeckt. Es ekelt mich.

Vor unserem ersten Banjabesuch machen wir noch einen Verdauungsspaziergang mit Wolfgang, beobachten das Treiben am Strand (schon wieder ein Stand bei dem man mit dem Luftgewehr schießen kann… schon in Irkutsk gesehen), Ansichten prallen aufeinander.

Der Banjabesuch beginnt mit einem Irrtum. Zunächst sitzen wir in einem sehr warmen aber nicht heißen Raum und wundern uns über die Waschmaschine, die hier still vor sich her schwitzt. Wir wundern uns, aber in Russland könnte das ja möglich sein. Annette bemerkt unseren Irrtum und zeigt uns die richtige Sauna einen Raum weiter, okay HIER ist es heiß. Erster Aufguss mein Gesicht brennt weg, wir atmen durch zwei Hände, die zum Rohr geformt sind. Die Filzmützen die wir tragen sollen machen auf einmal Sinn und etwaiges Ungeziefer in den Mützen verbrutzelt bei der Temperatur. Zweiter doppelter Aufguss. Dann das Ritual. Mit Birkenzweigen bearbeitet Dima meine Hinterseite. Bei jedem Schlag auf meine Unterschenkel und Fußsohlen möchte ich vor Schmerz an die Decke gehen. Bruno sagt es später mit erschöpft glücklichem Gesicht richtig: Ein Wechselbad der Gefühle….

Danach werden die baltikavorräte nieder gemacht und ich sitze mit Wolfgang lange draußen und wir reden über das Leben.

Warmes Duschen fühlte sich nach der ganzen Zeit übrigens fast ekelig an. So schnell kann man sich an kaltes Wasser gewöhnen und an viele andere auch.

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